Im Laufe einer banalen Erkältungskrankheit kommt es, vor allem im Kindergartenalter, auch bei sonst intaktem Abwehrsystem nicht selten zu einer Mittelohrentzündung (Otitis media).
Durch anhaltende Verstopfung der Nasenwege kann sich Schleim in den der Nase benachbarten "Nebenhöhlen" anstauen. Dies gilt beim Kind ganz besonders für die Mittelohrräume, die über die sogenannten "Ohrtrompeten" mit dem Nasenrachen verbunden sind. Erschwerend wirkt sich die im Kleinkindalter oft vergrößerte Rachenmandel ("Polypen") aus, da sie den Nasenrachen zusätzlich verstopft. Im angestauten Schleim können sich Krankheitskeime optimal vermehren. Dagegen wehrt sich der Körper notfalls durch mehr oder weniger heftige Abwehrmaßnahmen, eben durch eine Entzündung.
Die akute Mittelohrentzündung ist meist sehr schmerzhaft, da der Mittelohrraum dabei durch die Hitze des Abwehrkampfes sehr schnell unter erheblichen Druck gerät. Manchmal platzt sogar ein Trommelfell, und es entleert sich der Eiter aus dem Gehörgang!
Behandlung
Während beim Mittelohrkatarrh - und auch bei manchen mehr chronisch verlaufenden Mittelohrentzündungen - eine Behandlung mit Wärme, biologischen oder homöopathischen Mitteln versucht werden kann, sollte eine schmerzhafte akute Otitis media beim Kind immer antibiotisch behandelt werden.
Fieber oder Schmerzen innerhalb der ersten 6-8 Stunden sind sozusagen normal und sollten mit Kälteanwendung (z.B. Kühlakku im Waschlappen aufs Ohr) und zusätzlich mit Fieberzäpfchen, insgesamt aber höchstens drei im Abstand von 6-8 Stunden,(oder in schweren Fällen auch z.B. mit Talvosilen® -Zäpfchen oder Mexe® -Tabletten) behandelt werden.
Zur Beurteilung des Behandlungserfolges ist eine Verlaufskontrolle nach drei Tagen (bei fehlender Besserung oder bei Schwierigkeiten mit dem Medikament entsprechend früher!) anzuraten.
Schutzimpfung
Ein besonderes Problem stellen junge Säuglinge dar, die schon im ersten Lebenshalbjahr an ihrer ersten Mittelohrentzündung erkranken. Obwohl es wenige wissenschaftlich untermauerte Erkenntnisse gibt, zeigt die praktische Erfahrung, daß es gerade diese Kinder sind, die in den Folgejahren immer wieder, fast ununterbrochen, an Mittelohrentzündungen und/oder Paukenergüssen (meist mit Hörbeeinträchtigung) leiden. Sie müssen oft schon früh im Säuglingsalter mit Paukenröhrchen versorgt werden. Als einen lohnenden Versuch betrachten wir die frühzeitige Impfung mit dem neuen Pneumokokken-Impfstoff. Allerdings liegen über einen eventuellen Erfolg dieser Maßnahme noch keine wirklich schlüssigen Beweise vor.
häufig gestellte Fragen:
N.N.: Gegen Ohrenschmerzen soll doch auch Wärme helfen, wieso empfehlen Sie zu kühlen?
Dr. Weitz.: Wärmeanwendung führt über Durchblutungssteigerung zur Verstärkung der Entzündungsvorgänge im Gewebe. Dies ist therapeutisch hilfreich bei "chronischer" (also eher kühler), Entzündung. Eine akute (also heiße) Entzündung wie die des Mittelohres verlangt aber eindeutig nach Kühlung! Eine akute Blinddarmentzündung z.B. kann auch mehrere Stunden "auf Eis gelegt werden", wenn die Operation aus organisatorischen Gründen nicht sofort möglich ist.
N.N.: Muß eine akute Mittelohrentzündung wirklich immer antibiotisch behandelt werden?
Dr. Weitz.: Im Prinzip natürlich nicht. Über die Hälfte aller akuten Mittelohrentzündungen heilt tatsächlich in wenigen Tagen spontan ab. Aber erst seitdem es Antibiotica gibt, sind lebensgefährliche Komplikationen wie Sepsis, eitrige Hirnhautentzündung, Mastoiditis, Labyrinthitis usw. extrem selten geworden - und damit auch aus dem Bewußtsein der Eltern gewichen. Nach Abschluß der Untersuchung kann der Arzt unter Berücksichtigung des bisherigen Verlaufs und des erhobenen Trommelfellbefundes sehr verschieden Empfehlungen geben. Dabei spielen natürlich auch organisatorische Umstände eine gewisse Rolle. Abwarten ohne Antibiose und kurzfristige Kontrolle z.B. wird kurz vor dem Wochenende wohl eher selten empfohlen.
Beim notfallmäßig vorgestellten und vor Schmerzen schreiendem Kind wünsche ich mir als Kinder- (nicht Eltern-)Arzt, daß man mich nicht daran hindert, sofort ein schmerzstillendes Zäpfchen zu geben und das notwendige Antibioticum zu verordnen...
N.N.: Kann ich etwas dagegen tun, wenn mein Kind Durchfall vom Antibioticum bekommt?
Dr. Weitz.: Ja, die Entwicklung von Durchfall unter dem Antibioticum läßt sich ganz oder teilweise verhindern, wenn Sie ihrem Kind prophylaktisch ein bis zweimal täglich einen Becher Joghurt geben.
N.N.: Muß ich das Antibioticum auf jeden Fall zuende geben?
Dr. Weitz.: Nein, die Wirkung der antibiotischen Behandlung sollte auf jeden Fall kurzfristig (nach 2 bis 3 Tagen) vom Arzt kontrolliert werden. Bei dieser Gelegenheit sollte er Ihnen sagen können, ob und wie das Antibioticum bisher gewirkt hat, und wann die Behandlung beendet werden kann. Vielleicht empfiehlt er noch eine abschließende Kontrolle zur Vermeidung bleibender Hörschäden oder er veranlaßt in schwierigeren Fällen die Vorstellung beim HNO-Arzt.
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zuletzt aktualisiert am 24.09.2004 (RW)