Trinken/Trinkmenge                                                            Ó  kinderpraxis-juelich  (Jul-06)

    Unser Kinderarzt Dr. Rudolf Weitz informiert Sie hier über das Thema erforderliche Trinkmenge:

Das Thema macht vielen Eltern zu schaffen, besonders dann wenn fiebernde oder durchfallkranke Kinder scheinbar nicht genug trinken. Der unten stehende Artikel von Volker Pudel, einem Ernährungswissenschaftler an der Universität Göttingen bezieht sich leider nur auf Erwachsene, trifft aber fast uneingeschränkt auch für das Kindesalter zu.

Kinder haben aber einen lebhafteren Stoffwechsel und bewegen sich in der Regel auch bei Hitze mehr. Als Bezugsgröße eignet sich weniger das Körpergewicht als die Körperoberfläche (Erwachsener durchschnittlich = 1,73 m2), die man aus Körpergewicht und -Größe errechnen kann: cato ® - Körperoberfläche



Körperoberfläche:
Körpergewicht: kg
Körpergröße:  cm
Alter:  Erwachsener   Kind 
Körperoberfläche:  m²
 

Volker Pudel über das Trinken und den täglichen Flüssigkeitsbedarf

Mindestens drei Liter täglich sollen Sie trinken, lauten Ratschläge, die im Sommer regelmäßig Hochkonjunktur haben. Sicherlich, bei großer Hitze kommt man ins Schwitzen. Aber drei Liter? Das schaffe ich nie, sagen sich viele - und quälen sich mit schlechtem Gewissen. Aber müssen Sie wirklich drei Liter trinken? Die Botschaft ist richtig und falsch zugleich. Der erste Punkt, der für Verwirrung sorgt: Die Begriffe Trinkmenge und Flüssigkeitsbedarf werden nicht sauber getrennt Der Flüssigkeitsbedarf umfasst die gesamte Wassermenge, die ein Mensch täglich benötigt. Die Trinkmenge beschreibt dagegen, wie viel Flüssigkeit getrunken werden sollte. Da z.B. Kartoffeln oder Gemüse viel Wasser enthalten, decken sie - wie viele andere Speisen auch – einene Teil des Flüssigkeitsbedarfs.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung berechnet den Wasserbedarf eines Erwachsenen mit täglich 2,7 Litern. Nur 1,4 Liter davon werden wirklich getrunken. Die Differenz von 1,3 Litern wird durch das Wasser in fester Nahrung und durch so genanntes Oxydationswasser beigesteuert: Es wird im Körper frei, wenn Eiweiße, Fett und Zucker verdaut und in ihre molekularen Einzelteile zerlegt werden. Die Menge fehlt nur dann, wenn Sie besonders wenig essen, etwa weil Sie eine Diät machen. Dann fehlt das Wasser aus festen Speisen. Wer eine Diät macht, sollte auch deshalb besonders viel trinken, weil mehr Substanzen anfallen, die die Niere ausscheiden muss, wozu Wasser benötigt wird.

Eine tägliche Trinkmenge von 1,4 Litern reicht also im Normalfall aus. Macht man eine Fahrradtour bei 30 Grad Celsius , so steigt die benötigte Trinkmenge jedoch schnell auf tatsächlich drei Liter an. Starke körperliche Aktivität erhöht die Trinkmenge. Besonders wichtig: Nicht auf den Durst warten, denn er ist bereits ein Alarmsignal des Körpers. Kluge Freizeitsportler greifen zur Wasserflasche, bevor sie mit dem Sport beginnen. Trinken, damit Sie keinen Durst bekommen, lautet die Empfehlung.

Mit dem Durst haben insbesondere ältere Menschen Probleme, denn ihr Durstsignal funktioniert meist nicht mehr richtig. Sie trinken zu wenig und können austrocknen. Kopfschmerzen, Konzentrationsmangel und Müdigkeit sind un­trügliche Zeichen, dass der Flüssigkeitshaushalt nicht mehr stimmt. Auf Dauer kann das zu Nierenschäden führen. Damit es nicht so weit kommt, stellen sich viele Menschen die Trinkmenge für den Tag bereit Wer tagsüber dennoch das Trinken vergisst, für den bleibt am Abend eine größere Menge übrig. Generell ist die Zeit vor dem Zubettgehen alles andere als ideal, um viel zu trinken: Wer steht schon gerne mitten in der Nacht auf? Ich empfehle deshalb einen Kurzzeitwecker, der einen stündlich daran erinnert, ein Glas Wasser zu trinken. Dann ist die notwendige Menge am Nachmittag längst geschluckt.

Zur Frage, was Sie trinken sollen, lautet mein Favorit: Leitungswasser. Es ist insbesondere in Deutschland ein Topgetränk. Die strenge Trinkwasserverordnung garantiert guten Geschmack und einwandfreie Hygiene. Doch weil es auch die Toilette spült und durch die Waschmaschine läuft, erfreut es sich bei uns Deutschen keiner großen Beliebtheit. Dafür boomt der Verkauf an Mineralwässern. Über 500 Sorten füllen die Supermarktregale und über 130 Liter lässt der Durchschnittsdeutsche jährlich durch seine Kehle fließen. Das ist auch nicht verkehrt, denn Mineralstoffe braucht der Körper - gerade wenn er schwitzt und viele Mineralstoffe ausscheidet

Neben Mineralwasser, das direkt an der Quelle unverändert abgefüllt wird, bietet der Handel noch Heilwässer an, die eine Zulassung als Arzneimittel benötigen. Tafelwasser wird aus Mineralwasser und Leitungswasser gemixt Der neueste Trend, das „NearWater", das Beinahewasser, gibt es nach dem Lebensmittelgesetz nicht. Es ist eine Mischung aus Mineral- oder Trinkwasser, dem natürliche oder künstliche Wirkstoffe oder Aromen zugesetzt werden. Wem es schmeckt: nur zu! Dass Wellness-Wässer jedoch besonders gesund seien, wie die Werbung behauptet, ist Quatsch. Wenn Sie persönlich Wasser mit mehr Geschmack oder Fruchtschorlen bevorzugen, ist Ihrem Organismus das recht, solange es ihm die benötigte Flüssigkeitsmenge bringt Selbst Wein wird leichter und zum Durstlöscher, wenn er zur Schorle vermixt wird. Milch ist dagegen ein schlechter Durstlöscher: Sie verklumpt im Magen und sollte eher als Lebensmittel betrachtet werden. Besser geeignet ist gekühlte Buttermilch. Die Temperatur der Getränke darf gerade im Sommer niedrig sein, um den Durst zu löschen. Lediglich eiskalte Getränke führen im stark erhitzten Körper zum reflektorischen Schweißausbruch. Dass heißer Tee jedoch besser erfrische als kühle Getränke, gehört ins Reich der Sagen: In Nordafrika und anderen arabischen Ländern wird vor allem deshalb Tee getrunken, weil das Wasser beim Kochen von Keimen befreit wird.

Apropos Kaffee und Tee: Bisher galt als Regel, sie dürften bei der Trinkmenge nicht mitgerechnet werden, denn sie wirkten diuretisch, das heißt, nach ihrem Genuss wird mehr Wasser vom Körper ausgeschieden, als aufgenommen wurde. Die Flüssigkeitsbilanz ist negativ. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gab jedoch kürzlich Entwarnung: Die Geschichte vom Kaffee als Flüssigkeitsräuber beruhe auf einem Irrtum. Obwohl chronischer Kaffeekonsum tatsächlich zu einem Verlust der diuretischen Wirkung führt, empfehle ich selbst starken Kaffee- und Teetrinkem eine ausreichende zusätzliche Flüssigkeitszufuhr. Damit können Sie keinen Fehler machen: Schon 1964 haben US-Forscher Versuchspersonen tagelang zehn Liter täglich Wasser trinken lassen, ohne dass Komplikationen auftraten. Zu viel trinken geht nicht...

Übrigens, der gestillte Säugling braucht ab der zweiten Lebenswoche kein zusätzliches Flüssigkeitsangebot. Die Zusammensetzung der Muttermilch passt sich auch bei tropischen Außentemperaturen dem Bedarf des Kindes optimal an.

Für alle weiteren Fragen steht Ihnen unser PraxisTeam gerne zur Verfügung ...

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zuletzt aktualisiert am 30.07.2006 (RW)