Magen-Darmstörung (Gastroenteritis)                       Ó  kinderpraxis-juelich  (Okt-06)

    Unser Kinder- und Jugendarzt Dr. Rudolf Weitz informiert zum Thema Gastroenteritis:

Besonders im Säuglingsalter sind Magen-Darmstörungen mit Durchfall und/oder Erbrechen ein häufiger Grund zum Arztbesuch; aber auch bei älteren Kindern (und Erwachsenen) handelt es sich im Einzelfall nicht mehr um eine Bagatellerkrankung. Je kleiner der Patient, desto größer ist die Gefahr eines bedrohlichen Wasserverlustes (Austrocknung). Auch bei Auftreten von blutigen Durchfällen sollten Sie Ihr Kind möglichst umgehend dem Kinder- und Jugendarzt vorgestellten.

Von einer Durchfallerkrankung spricht man bei mehr als 3 dünnen Stühlen pro Tag bei älteren Kindern und mehr als 5 dünnen Stühlen bei Säuglingen. Akute Durchfallerkrankungen werden meist durch verschiedene Viren und Bakterien ausgelöst, meist geht dem eigentlichen Durchfall eine ½ - 1 ½ tägige Phase mit Fieber, Bauchschmerzen und häufig auch Erbrechen voraus. 

Behandlung

Bei halbwegs konsequenter Beachtung unserer Diätempfehlungen kann die Behandlung jedoch fast immer ambulant erfolgen. Es wird aber im Einzelfall auch schon mal eine Tropfinfusion mit Traubenzuckerlösung im Krankenhaus notwendig werden. Der Krankheitsverlauf im Einzelfall ist anfangs schwer abzuschätzen.

Wir haben unsere Diätempfehlung dem Alter Ihres Kindes angepaßt:

Muttermilch ist - wegen der in ihr enthaltenen Abwehrstoffe - die einzige echte "Heilnahrung" und so können wir Ihnen rückhaltlos empfehlen, Ihren Säugling bei einem Darminfekt weiter zu stillen.

Beim Flaschenkind sollten Sie aber zunächst ersatzweise nur klare Flüssigkeiten mit Traubenzucker anbieten und eine möglichst lange Nahrungspause einhalten!

Verschlimmernd wirken oft Kuhmilch, Säuglingsnahrungen, Milchbreie, und vor allem Kakao oder Schokolade! Aber auch andere, vermutlich verträgliche Nahrungsmittel sollten Sie Ihrem kranken Kind niemals aufdrängen; lieber lassen Sie es "hungern"! Der kranke Darm muß ja erst einmal zur Ruhe kommen...

bis zum Alter  von 3 Monaten empfehlen wir

ausschließlich Oralpädon 240® (oder ein anderes Elektrolyt-Präparat) für 6 – 24 Stunden

(1 Beutel Oralpädon® in 200g Wasser auflösen)

danach, als Übergang, Milupa-Heilnahrung 7,5 % für 1 – 3 Tage

(3 Meßlöffel HN-Milch-Pulver / 180 g Wasser plus 1/2 Btl. Oralpädon®)

später dann Milupa-Heilnahrung 15 % für 3 – 5 Tage

(6 Meßlöffel HN-Milch-Pulver / 180 g Wasser)

Die Trinkmenge sollten Sie aber auf jeden Fall Ihrem Kind überlassen!

ab  4 – 5  Monate empfehlen wir

Ihnen, zusätzlich oder alternativ zur Heilnahrung vielleicht Karotten-Reisschleim als Flaschennahrung und/oder Milupa-Heilnahrung als Breinahrung (21%) anzubieten.

ab 6 Monate würden wir

weiterhin Oralpädon®, aber jetzt 1 Beutel in 400g(!) leicht gesüßtem Tee verdünnt anbieten

(Oralpädon® wird sonst wegen des salzigen Geschmacks nicht mehr angenommen).

Als feste Nahrung könnten Sie auch Apfelsaft-Zwieback-Brei selbst herstellen, oder Bananen zerdrückt mit Traubenzucker, geriebenen Apfel (oder Apfelkompott), Möhrengemüse ohne Fett, Kartoffelbrei oder (Wasser-)Reis versuchen.

ab dem 2. Lebensjahr

reicht es oft, wenn Sie während der unerläßlichen Nahrungspause – mindestens vorübergehend - statt eines Elektrolyt-Präparates ausschließlich (Kamillen-)Tee mit Traubenzucker,  Zitronentee, Apfel- oder Möhrensaft anbieten.

ungesüßte Getränke wie Mineralwasser, Tee mit Süßstoff oder andere Diät-Getränke gefährden dagegen den Behandlungserfolg, da es speziell beim Kind durch Traubenzucker-Mangel sehr leicht zu einer Stoffwechselentgleisung  mit sogenannter "Acetonämie" kommen kann. Dann erbricht das Kind solange ohne Ende, bis ihm Traubenzucker über die Vene zugeführt wird. Keine schöne Vorstellung, oder!?  

Merksatz: Ohne Traubenzucker hält kein Getränk, weder oben noch unten!

An fester Nahrung können Sie jetzt neben Zwieback, Salzstangen oder Liga® -Keksen, Möhren, Bananen und Äpfeln auch alle trockenen Brotsorten (z.B. mit Kalbsleberwurst), oder auch Magerquark, Früchte-Yoghurt und trockene Nudelgerichte (mit Ketchup) anbieten. Bei Kindern beliebt sind auch Cornflakes (ohne Milch!), Popcorn und Reiswaffeln.

Unterstützend können wir Ihnen folgendes Tee-Rezept empfehlen:

                    Getrocknete Heidelbeeren und Kamilleblüten

2 Teelöffel mit 1/4 Liter kaltem Wasser übergießen,

10 Minuten kochen lassen, abgießen.

Mehrmals täglich 2 Eßlöffel lauwarm eingeben.

Medikamente

werden bei Magen-Darm-Krankheiten leider viel zu oft und ohne vorausgehenden Diätversuch gegeben; sind dann aber auch fast immer unwirksam und unschädlich!

Wenn ausnahmsweise einmal Durchfall (oder Bauchkrämpfe) bei Ihrem Kind trotz konsequenter Diät nicht aufhören wollen, versuchen Sie es zunächst mit 3 x täglich einem erbsgroßen Stück frischer Backhefe zusammen mit etwas Zucker oder Sirup zur Unterstützung der Darmflora!

Bei anhaltendem Erbrechen, bei fehlender Besserung, blutigen Durchfällen oder anhaltendem Fieber sollten Sie jedoch unbedingt erneut ärztlichen Rat einholen! Eventuell eine Stuhlprobe mitbringen!


häufig gestellte Fragen:

N.N.:          Wie soll ich wissen, wann mein Kind eine Tropfinfusion braucht?

Dr. Weitz.:  Es ist nicht immer einfach das zu beurteilen, aber bevor ein Kleinkind (1 - 4 Jahre)  nicht wirklich "apathisch" still liegt, ist eine Infusion kaum durchführbar. Daher sollten Sie eventuell doch weiter versuchen, eine Traubenzuckerlösung schluckweise oral zuzuführen. Natürlich wird auch die Gabe von Traubenzucker den Durchfall nicht sofort stoppen. Aber, wenn es Ihnen gelingt, die anhaltenden Flüssigkeitsverluste ausreichend zu kompensieren, kann Ihrem Kind der sonst unvermeidliche Krankenhausaufenthalt vielleicht erspart bleiben...

 

N.N.:         Welche Medikamente können gegen das Erbrechen helfen?

Dr. Weitz.:  Vomex®-Zäpfchen helfen vielleicht gegen Reisekrankheit aber nicht bei infektiösem Erbrechen! In Einzelfällen sind sogar Epilepsie-ähnliche Krampferscheinungen als Nebenwirkung beobachtet worden. Verlassen Sie sich lieber auf feuchte Wärme und/oder ein ganz normales Fieberzäpfchen wie Paedisup®. Hier kann man die leicht brechreizhemmende Wirkung des Antihistamins (Doxylaminsuccinat) ausnutzen.

 

N.N.:         Es soll eine Schluckimpfung gegen Rota-Viren geben; was halten Sie davon?

Dr. Weitz.:  Ja, das ist richtig! Rota-Viren sind die häufigste Ursache für schwere Magan-Darm-Infektionen. Man kann davon ausgehen, dass praktisch jedes Kind bis zum Alter von fünf Jahren an einer Infektion durch Rota-Viren erkrankt. In den Entwicklungsländern sterben jährlich ca. 600.000 Kinder daran. Durch Impfung könnte man dort die Sterblichkeit mindestens auf ein Drittel senken!

Dank besserer Hygiene und medizinischer Versorgung erkranken unsere Kinder viel seltener und erholen sich schneller. Todesfälle sind extrem selten. Trotzdem ist die Impfprophylaxe sinnvoller als ein eventueller Krankenhausaufenthalt. Bei uns kostet eine Impfdosis zwischen 50 - 80 Euro. Je nach Hersteller werden zwei oder drei Dosen empfohlen. Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen steht unmittelbar bevor (Oktober 2006).  

 

N.N.:         Muss ich mir Sorge wegen der grünen Stuhlfarbe machen?

Dr. Weitz.:  Nein! Wenn sich der Stuhl von wässrig klar über gelb wieder nach grün färbt ist die Darmstörung schon fast überwunden. Die Darmpassage hat sich dann schon soweit normalisiert, daß die Gallenfarbstoffe wieder wirksam werden können.

 

N.N.:         Mein Kind will kein Fieberzäpfchen, kann ich keinen Fiebersaft bekommen?

Dr. Weitz.:  Suppositorien werden schneller in den Körper aufgenommen als orale Medikamente, können nicht erbrochen werden und wirken beinah so schnell wie eine Spritze!

Fieber- (und Hustensäfte) stehen auf der Hitliste der Vergiftungsunfälle bei Kindern ganz oben!

Merke: Selbst bei der größten Sorgfalt von Eltern und Großeltern kann gerade im Zusammenhang mit der Erkrankung eines Kindes eine chaotische Situation entstehen, die es dem gesunden Geschwister  z.B. erlauben, unbemerkt seine Neugier zu befriedigen.

 

N.N.:         Was ist  "Krabbeldurchfall"?

Dr. Weitz.:  Wenn sich nach einigen Wochen die Stuhlkonsistenz  trotz konsequenter Diät nicht normalisiert, sollte man bei älteren Säuglingen und Kleinkindern an die unspezifische Diarrhoe (engl. "Toddler-Diarrhea") denken!

Betroffen sind Säuglinge und Kleinkinder im Alter von 6 bis 36 Monate. Die Entleerungen treten typischerweise nur tagsüber und nicht öfter als 3-4 mal auf. Sie enthalten oft unverdaute Nahrungsbestandteile. Vor den Stuhlentleerungen kommen kurze Attacken von Bauchschmerzen vor. Sonst sind die Kinder beschwerdefrei und munter und gedeihen normal. Über die Ursache(n) darf munter spekuliert werden...

 


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für weitere Fragen steht Ihnen aber natürlich auch unser PraxisTeam gerne zur Verfügung ...

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zuletzt aktualisiert am 15.10.2006 (RW)